Euro 4, 5, 6? Über die Abgasnormen.

Sucht man nach gebrauchten Wohnmobilen, stellt sich sehr schnell und unweigerlich die Frage nach dem Antrieb. Wohnmobile haben seltenst einen Benzinmotor – die Basis ist seit langer Zeit eigentlich immer ein Nutzfahrzeug mit Dieselmotor. Meist Fiat Ducato, aber auch Ford Transit, Mercedes Sprinter oder eben Renault Master wie bei unserem Ahorn Camp. Und Dieselmotoren haben ein Problem mit den Abgasnormen und sind erst seit kurzer Zeit halbwegs „sauber“.

Aber gucken wir uns das mal genauer an.

Wenn wir von Abgasnormen reden, müssen wir strenggenommen in drei Kategorien denken: CO2-Ausstoß („Treibhausgase“), Feinstaub und Stickoxide.

Kohlendioxid (CO2)

Die wahrscheinlich älteste Diskussion zu Abgasnormen ist die über den der CO2-Ausstoß. CO2 ist deswegen hässlich und zu vermeiden, weil es die Erderwärmung, den Klimawandel etc. beschleunigt. CO2 entsteht unweigerlich bei der Verbrennung fossiler Energieträger, von Erdöl über Kaminholz bis zu Papier.

Diesel erzeugen im Durchschnitt etwa 15% weniger CO2 als ein Benzinmotor, weil sie prinzipbedingt heißer verbrennen und daher mehr Energie aus dem Kraftstoff beziehen – obwohl der Kohlenstoffanteil im Diesel sogar höher ist (Quelle: Quarks.de). Auf der CO2-Seite hat ein Diesel somit Vorteile. Da aber der CO2-Ausstoß weitgehend linear am Verbrauch hängt – der im Sprit gebundene Kohlenstoff muss ja irgendwo hin -, wird ein Wohnmobil immer mehr CO2 ausstoßen als ein Kleinwagen, motorprinzipunabhängig. CO2 einsparen heißt Kraftstoff (Diesel) einsparen – so einfach ist das. Das sparsamere Wohnmobil ist also mehr oder weniger gleichzeitig das mit dem geringeren CO2-Ausstoß.

Bei normaler Reisegeschwindigkeit von etwa 110 km/h (und viel schneller ist das Wohnmobil auch nicht) verbrauchen wir knapp über 10 Liter Diesel. Das ist sicherlich mehr als ein Kleinwagen, aber für eine 3,5 to schwere rollende Wohnung absolut im Rahmen. Mit Anhänger und in flottem Tempo wären es deutlich mehr. Die Alkovenmodelle haben hier gegenüber den Teilintegrierten einen leichten Wettbewerbs-, weil Windwiderstandsnachteil und verbrauchen ein bisschen mehr.

Feinstaub

Die zweite Diskussion ist die um den Feinstaub. Feinstäube sind vor allem für Lungenerkrankungen verantwortlich. Es gelten strenge europäische Grenzwerte – im Jahresmittel dürfen 40 µg/m3 (Mikrogramm pro Kubikmeter) bei PM10 und 25 µg/m3 bei PM2,5 nicht überschritten werden. PM10 und PM2,5 sind zwei unterschiedliche Partikelgrößen.

Hier kommt der Dieselpartikelfilter ins Spiel: er filtert die kleinen Rußpartikel aus dem Abgas. Moderne Diesel wirken in Bezug auf die Feinstaubbelastung sogar reinigend, weil sie Feinstaub aus der Umgebungsluft mit ansaugen, ihre Abgase aber um diese Feinstäube bereinigen. Was Dieselabgas jetzt nicht automatisch zu gesunder Atemluft macht! In Bezug auf Feinstaub sind turboaufgeladene Benzindirekteinspritzer inzwischen ein viel größeres Problem, die aber in Wohnmobilen keine Rolle spielen.

Stickoxide (NOX)

Die letzte Kategorie sind die Stickoxide – Stickstoffverbindungen. Auch sie sind in erster Linie für den Menschen direkt gefährlich, auch hier gelten mit 40 µg/m3 im Jahresmittel strenge Grenzwerte. Das Problem ist dabei, dass die Hersteller ihre Motoren in unterschiedliche Richtungen optimieren können (und müssen). Ein direkteinspritzender, turboaufgeladener Benzinmotor etwa hat einen geringen Verbrauch und damit eine relativ gute CO2-Bilanz. Und eine leidlich gute Stickoxidbilanz. Gleichzeitig erzeugt er mehr Feinstaub als ein moderner Diesel, weil die Verbrennung je nach Lastverhalten suboptimal ist.

Das Stickoxidthema lösen moderne Dieselmotoren in der Abgasaufbereitung. Dazu wird dem Abgas synthetischer Harnstoff („AdBlue„) zugesetzt und im SCR-Katalysator genutzt, um die Stickoxide abzubauen.

Umweltplakette

Soviel zur Theorie. In der Praxis werden Autos und damit auch Wohnmobile in Schadstoffklassen eingeteilt. Zusätzlich gibt es die farbigen Umweltplaketten, die aber zunehmend an Bedeutung verlieren.

Fangen wir mit den Umweltplaketten an. Es gibt sie in rot, gelb und grün, eine blaue ist in Diskussion. Die Umweltplaketten helfen, die Zufahrt zu Umweltzonen zu reglementieren. Ohne Plakette oder mit einer roten kommst Du in gar keine Umweltzone mehr, mit einer gelben ausschließlich in die in Neu-Ulm, mit einer grünen in alle. Das ist für Wohnmobile nicht ganz uninteressant, wenn Du mal Städtetouren planst, gerne auf stadtnahen Stellplätzen stehst oder in einer Umweltzone wohnst. Autobahnen sind generell keine Umweltzonen, führen aber manchmal durch Stadtgebiet (dort dann als Bundesstraße) und können da Umweltzone sein – bespielsweise die A40, die in Dortmund zur B1 wird (Umweltzone) und im Osten dann zur A44 wird. Ein Wohnmobil mit einer nicht-grünen Plakette zu kaufen ist also ein Risiko, allerdings sind das auch wirklich alte Fahrzeuge. Selbst mein PKW – ein 2007er VW Eos TDI – hat sogar schon einen Rußpartikelfilter, EURO 4 und eine grüne Plakette.

Weil also grüne Plaketten nicht mehr viel über Umweltverträglichkeit aussagen, dreht sich die Diskussion inzwischen eher um die Abgasnormen. Sehr irreführend: die grüne Umweltplakette trägt eine 4 (die gelbe eine 3, die rote eine 2), auch wenn das Auto als Abgasnorm EUR 4, 5 oder 6 hat. Alles klar?

Abgasnormen

Fokussieren wir uns auf die für Wohnmobile relevanten Dieselmotoren, gilt grob Folgendes (das mag in Einzelfällen ungenau sein, aber als Richtlinie gültig):

  • EURO 4: nahezu nur zu erreichen mit Rußpartikelfilter
  • EURO 5: durch Optimierung der Motorsteuerung zu erreichen
  • EURO 6: nur mit Abgasaufbereitung – SCR-Katalysator und „AdBlue“ – erreichbar

Ein etwas älteres, durchaus gut erhaltenes Wohnmobil hat also meist einen Dieselmotor, oft schon mit Rußpartikelfilter, aber damit trotzdem nur die Abgasnorm EURO 4 oder maximal 5 (und trotzdem eine grüne Plakette). Damit drohen im Ruhrgebiet und anderswo langfristig Fahrverbote. Einzelne Straßen in Hamburg und das ganze Stuttgarter Stadtgebiet sind damit schon heute tabu. Und keiner weiß, wie das wirklich weitergeht. Jetzt macht man mit Wohnmobilen eher selten reine Städtereisen, aber demnächst vor jeder größeren Stadt Sorge zu haben, dass man dort gar nicht hineinfahren darf, wäre auch albern.

Das Problem löst derzeit nur EURO 6 – die aktuellste Abgasnorm. Und die ist strenggenommen noch unterteilt in Unternormen: EURO 6b, 6c (eigentlich nur bei LKWs), 6d temp. Letztere ist das Sauberste, was es gerade gibt. EURO 6 ist bisher nicht von Fahrverboten bedroht: die Verbesserung von EURO 5 zu EURO 6(b) in Bezug auf Stickoxide war signifikant.

Unser Wohnmobil brauchte also mindestens EURO 6b. Das erreicht der Motor nur durch Harnstoffeinspritzung in den Abgasstrang – „AdBlue“. Dazu müssen wir alle 6.000 – 8.000 Kilometer ein paar Liter AdBlue von der Tankstelle in einen separaten Tank nachtanken. Im Ergebnis werden die Stickoxide größtenteils umgewandelt in weniger schädliche Stoffe. Neufahrzeuge gibt es inzwischen nur noch mit EURO 6d temp.

Fazit zu Abgasnormen

Was ich sagen will? Sei Dir darüber im Klaren, welchen Einfluss die Abgasnormen auf Deine Reiseplanung haben. Wenn Städtetouren für Dich auf dem Programm stehen, kann selbst EURO 5 schon schwierig sein.

Andersherum: ein altes, preiswertes Wohnmobil mit EURO 4 und vielleicht sogar einer gelben Umweltplakette verspricht nicht die uneingeschränkte Freiheit. Vielleicht darfst Du damit nicht einmal vor die eigene Haustür fahren.